Brunnen und Wasserspiele in kleineren und mittleren Städten Sachsens und Sachsen-Anhalts:

Brunnen in Annaburg und Torgau

Der Michael-Stifel-Brunnen in Annaburg oder: "Vom Ende der Welt"

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Im Museum Annaburg
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Im Museum Annaburg
Wer war Michael Stifel? Er zählt heute zu den bedeutendsten deutschen Algebraikern des 16. Jahrhundert, hatte er doch die negativen Zahlen in die Rechnungen eingeführt und als Mathematikprofesser in Jena an der Mitbegründung der Logarithmen gearbeitet. Doch lange vorher, als er noch Pfarrer in Lochau war (so hieß Annaburg bis 1575, erst  danach wurde der Ort nach der sächsischen Kurfürstin Anna umbenannt), leistete er sich  1533 ein tolles Narrenstück ... Stifel hatte sich schon damals sehr für Mathematik interessiert, besonders für die sogenannte Zahlenmystik. Danach kann man durch geschickte Zuordnung von Zahlen und Buchstaben zum Beispiel das Datum des Eintreffens einer Prophezeihung berechnen. Das Nonplusultra ist die Voraussage, wann der "Jüngste Tag" stattfindet. Stifel studierte dazu intensiv die "Heilige Schrift" und kam mit seinen Berechnungen zu einem eindeutigen Ergebnis: 19. Oktober 1533, frühmorgens um 8 Uhr! An diesem Tag sollte also die Welt untergehen? Darf man denn eine so bedeutende Entdeckung für sich behalten? Muss man das nicht vielmehr allen kundtun? Und wenn man sich geirrt hat? Stifel schwieg nicht, er predigte laut und veröffentlichte seine Forschungsergebnisse - sehr zum Unmute Luthers, der von der ganzen Sache nichts hielt.

Michael-Stifel-Brunnen
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Kurz vor dem 19. Oktober 1533 muss  eine heute kaum mehr nachvollziehbare Stimmung in Lochau/Annaburg geherrscht haben. "... Reihenweise waren die Wagen aufgefahren, leichte sächsische Rollwagen, schwere Leiterwagen, auch eine ganze Anzahl von Karossen, an deren Türen adelige Wappen glänzten. Alles war schwarz von Menschen. Sie standen in Gruppen aufgeregt schwatzend beieinander oder saßen auf ihren Wagen oder hatten Strohbündel herbeigeschafft und sich darauf niedergelassen. An verschiedenen Stellen brannten große Feuer, an denen gekocht und gebraten wurde ... Hier und da erscholl lautes Geschrei und Lärmen ... 'Morgen mittag sind wir im Himmelreich oder in der Hölle', sagte ein Schuhmacher ... "
(Zitiert aus: Paul Schreckenbach, Der jüngste Tag, Reprint der Ausgabe des C. F. Amelangs Verlag 1922, Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege Annaburg e. V.,  2009)

Details am Stifelbrunnen
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V. Wanitschke, Signum
Der Bildhauer Vinzenz Wanitschke hat mit dem Stifel-Brunnen 1996/97 in Annaburg  verschiedene Arten des Umgangs mit der vermeintlichen Weltuntergangs-Katastrophe 1533 dargestellt. Pfarrer Stifel steht hochaufgerichtet oben auf der Weltkugel, die gerade im Begriff ist aufzureißen. Wasser läuft aus dem Riss. Um ihn herum Angst und Verzweiflung, vielleicht ein letztes Mal sündigen ... aber auch gefasste Erwartung. Doch den Hund ficht das alles nichts an, er hebt wie immer sein Bein  - und  sollte schließlich rechtbehalten. Und wie gehen wir heute mit Schreckensszenarien und selbst gemachten Krisen um?
2012 jährte sich der Geburtstag von Michael Stifel (wahrscheinlich) zum 525. Mal.
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Marktbrunnen in Torgau: Narren und Musikanten

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Marktplatz in Torgau
In der schönen Stadt Torgau kann man nicht nur das Renaissance-Schloss Hartenfels bewundern oder auf den Spuren Martin Luthers und seiner Frau Katharina wandeln, sondern man sollte unbedingt auch den Marktplatz mit dem prachtvollen Rathaus und den (neuen) Marktbrunnen gesehen haben.
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Marktplatz und Rathaus
Der Marktplatz in Torgau gehört mit zu den schönsten Renaissanceplätzen in Deutschland. Ende 2000 wurde hier der neue Brunnen "Narren und Musikanten" eingeweiht, nachdem der alte verschlissen war und schon lange kein Wasser aus diesem mehr sprudelte. Den neuen Brunnen entwarf Erika Harbort, sie stellte die Figur des Torgauer Hofnarren Claus Narr in das Zentrum der Anlage, auf dem Brunnenrand befinden sich zwei Musikanten, ein Torgauer Bär und ein Hund Namens Leppisch. (Leppisch - auch Lepsch - so hieß der Hund des Hofnarren.)
Erika Harbort gestaltete mit dem Brunnen eindrucksvoll den historischen Bezug zur sächsischen Renaissance-Residenz Torgau. Und beim Betrachten des balancierenden und jonglierenden Claus Narr kommen einem auch unweigerlich etliche neuzeitliche Narreteien in den Sinn ...

Marktbrunnen in Torgau
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Schloss Hartenfels in Torgau
Damals jedenfalls gehörten die Hofnarren zum kulturellen Umfeld der Herrschenden. Die Sprüche und "Spaßmachereyen" des Claus Narr am kurfürstlichen Hof waren weithin bekannt: "Einmal hatte der Arzt dem löblichen Churfürst ein Bauchwindlein mit seiner Kunst erregt. Da nun solches abging, war der Durchlauchtige froh und sprach: Dass es zehn Gulden wert wäre. Das hörte nun Claus und sammelte einen großen, starken Wind. Den ließ er in die Stube fahren, sprang herum, schlug in seine Hände und freute sich: Sollte der kleine zehn Gulden gelten, so wird der große wohl hundert wert sein."
(Zitiert nach: Susanna und Uwe Ullrich, Claus Narr. Der Eulenspiegel des sächsischen Hofes, Verlags- und Publizistikhaus, Dresden 2004, ISBN 3-9806990-5-6, S. 25 )

Narren und Musikanten
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zum Märchenbrunnen in Augustusburg, Sachsen