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Mittelalterliche Glasfenster im Dom zu Stendal, Teil 4: Apostel, Heilige, Märtyrer und mehr

Nicht nur im Chor, sondern auch im Querhaus sowie im südlichen Seitenschiff finden wir Fenster mit bunten Glasscheiben. Schauen wir uns als erstes das

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Apostelfenster, n-IX

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im nördlichen Querhaus an. Was bedeutet eigentlich das Wort "Apostel"? Wörtlich sind es "Ausgesandte", also alle, die die christliche Botschaft verkünden. Im engeren Sinne sind es die von Jesus berufenen Jünger, sie waren schließlich die ersten.
Das Apostelfenster reicht nicht so tief wie die anderen Fenster, da in früherer Zeit östlich vom Querhaus eine Kapelle lag, weshalb das Fenster im unteren Bereich vermauert ist. In drei Streifen werden jeweils vier Apostel dargestellt. Das Fenster ist nicht mittelalterlich, es wurde bei der Restaurierung 1903/05 von den Glasmalern des königlichen Institutes Berlin neugestaltet.
Bild "Stendal_Dom_Apostelfenster_02.jpg"  Die meisten Fenster im Stendaler Dom zeigen oben eine
 Architektur - sie steht symbolisch für das "Himmlische
 Jerusalem".

 Die Apostel sind an ihren Attributen erkennbar.
Bild "Stendal_Dom_Apostelfenster_03.jpg"  V.l.n.r.: Simon (mit Säge), Matthäus (mit Beil),
 Jakobus d. J. (mit Walkerstange*)), Judas Thaddäus
 (mit Keule).
Bild "Stendal_Dom_Apostelfenster_04.jpg"  V.l.n.r.: der ("ungläubige") Thomas (mit Lanze),
 Andreas (mit "Andreaskreuz"), Bartholomäus (mit
 Messer), Philippus (mit Kreuzstab)
Bild "Stendal_Dom_Apostelfenster_05.jpg"  V.l.n.r.: Johannes (Kelch), Petrus (Schlüssel), Paulus
 (Schwert), Jakobus d. Ä. (Jakobsmuschel). Paulus ge-
 hörte ursprünglich nicht zu den Jüngern, steht aber
 aufgrund seiner überragenden Bedeutung hier neben
 Petrus. Die beiden gelten als "Apostelfürsten".

*) Eine Walkerstange wird zum Walken (Reinigen) von Tuchen oder Stoffen benutzt. Jakobus der Jüngere soll mit einer solchen erschlagen worden sein.

Gleich daneben befindet sich im Querhaus ein weiteres Fenster mit verschiedenen Heiligengestalten und einer deutlich kleineren Stifterfigur.

Bild "Stendal_Dom_Heilige2_01.jpg"

Heilige mit Stifterfigur, n-VIII

Bild "Grundriss_n8.jpg"
Das Fenster ist wie das vorige unten verkürzt. In zwei großen Medaillons werden jeweils vier Heilige gezeigt. Im unteren Medaillon kniet eine jugendliche Gestalt anbetend vor Maria mit dem Kind, es soll sich dabei um den Sohn des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich I. handeln, den späteren Kurfürsten Friedrich II. Das Fenster wurde von den Hohenzollern (es wird auch "Hohenzollernfenster" genannt) gestiftet, wahrscheinlich entstand es zwischen 1437 und 1440. Auf die Stifter nehmen auch die beiden Wappen Bezug: links der Adler für Kurbrandenburg und rechts (schwarz-weißer Schild) für die Hohenzollern.
Bild "Stendal_Dom_Heilige2_02.jpg"  Die Architektur steht symbolisch für das
 "Himmlische Jerusalem".

Bild "Stendal_Dom_Heilige2_03.jpg"  V.l.n.r.: Nikolaus (mit drei Goldklumpen),
 Katharina, (mit Schwert und zerbrochenem
 Rad), Barbara (mit Turm) und Bartholomäus
 (mit Messer).
Bild "Stendal_Dom_Heilige2_04.jpg"  V.l.n.r.: Johannes d. Täufer (Fellkleid,
 und Bild mit dem Lamm Gottes), Maria mit dem
 Jesuskind, hl. Bischof (hl. Nikolaus ?),
 Antonius (mit T-Kreuzstab). Darunter der
 jugendliche Friedrich und zwei Wappen
 (Kurbrandenburg und Hohenzollern).
Bild "Stendal_Dom_Heilige2_05.jpg"  Rahmung

Nikolaus, Katharina, Barbara, Bartholomäus und natürlich Maria haben darüberhinaus eigene Fenster im Dom.

Auch im Chorfenster n-IV werden verschiedene Heilige dargestellt.

Bild "Stendal_Dom_Heilige1_01.jpg"

Heilige, Chorfenster n-IV

Links: Standfigurenfenster mit Heiligen, rechts: Katharinenfenster ->
Bild "Grundriss_n4.jpg"
Der überwiegende Teil des Fensters n-IV ist original erhalten. Allerdings stellte das königliche Institut für Glasmalerei Berlin 1895/96 das Fenster aus den Resten von drei anderen Fenstern zusammen. Deshalb können wir einige der Figuren mehrfach entdecken. Auch werden die Heiligen im oberen und unteren Fenterbereich in unterschiedlichen Rahmungen und Größen dargestellt. Insgesamt finden wir 21 Figuren in sieben Reihen. Bei den oberen Heiligenfiguren geben Inschriften zusätzlich zu den Attributen Hinweise, um wen es sich handelt. Nur die Christusdarstellung passt nicht recht in die Reihe, möglicherweise stammt diese Fensterscheibe aus einem verlorengegangenen Passionsfenster.
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_02.jpg"  Wie immer steht die Architekturbekrönung
 symbolisch für das "Himmlische Jerusalem".

 V.l.n.r.: Laurentius (mit Rost), Nikolaus,
 Bartholomäus (mit Messer)
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_03.jpg"  V.l.n.r.: Jakobus d. Ä. (mit Pilgerstab und
 Pilgerhut), Maria (im Strahlenkranz) mit
 dem Kind, Katharina (mit Rad und Schwert).
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_04.jpg"  V.l.n.r.: Petrus (mit Schlüssel), Maria mit
 Kind (und Blumen), Agatha (mit Harke?)
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_05.jpg"  V.l.n.r.: Johannes (mit Kelch), Maria Magdalena
 (mit Salbgefäß), Maria mit dem Jesuskind.
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_06.jpg"  V.l.n.r.: Barbara (mit Turm), Christus, Katharina
 (mit Rad und Schwert)
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_07.jpg"  V.l.n.r.: Petrus (mit Schlüssel), Nikolaus
 Bartholomäus (mit Messer)
Bild "Stendal_Dom_Heilige1_08.jpg"  V.l.n.r.: Georg (mit Lanze und Drachen),
 Margarethe (mit Kreuzstab und Drachen),
 Mauritius (mit Rüstung)

Einen wichtigen christlichen Märtyrer haben wir uns noch aufgespart.

Bild "Stendal_Dom_Erasmus_01.jpg"

Der hl. Erasmus, Chorfenster n-V

Bild "Grundriss_n4.jpg"
Das Erasmusfenster im Chor ist vierbahnig, es wurde von der sogenannten Chorwerkstatt um 1430 geschaffen. Der größere Teil der Scheiben stammt tatsächlich noch aus dieser Zeit, denn vor allem die grünen, bleihaltigen Scheiben haben den Witterungsbedingungen widerstanden. Der hl. Erasmus hatte (zusammen mit der hl.  Katharina) als Schutzheiliger für das Haus Hohenzollern eine besondere Bedeutung. Im Stendaler Erasmusfenster werden in großen Medaillons Szenen aus dem Leben des Heiligen erzählt, vor allem aber wird sein wahrhaft schreckliches Martyrium thematisiert. Achtung, Triggerwarnung: Die Folterungen, die der arme Erasmus der Legende nach erleiden musste, sind wirklich schrecklich und nichts für empfindsame Gemüter. Doch Erasmus soll sie alle überlebt haben und starb am Ende ganz friedlich... Gelesen wird das Fenster von unten nach oben bzw. von links nach rechts.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_02.jpg"
 Die festliche Architektur steht symbolisch für das
 "Himmlische Jerusalem".


 Links: Ein Engel verkündet dem inzwischen hoch-
 betagten Erasmus den nahen Tod, im Himmel wird er
 schon lange erwartet. Man erkennt König David mit
 der Harfe, Moses mit den Tafeln, Petrus und andere.
 Rechts: Behutsam wird der tote Erasmus ins Grab
 gelegt, zwei Engel tragen seine Seele in den Himmel.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_03.jpg"  Links: Die "Darmwinde" - der grausige Höhepunkt der
 Folterungen. Mit der Winde wird dem armen Kerl der
 Darm aus dem Leib gezogen.
 Rechts: Erasmus hat selbst das überstanden. Endlich
 gelangt er mit einem Schiff nach Italien, wo er noch
 etliche Jahre lebt.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_04.jpg"  Die Folterungen nehmen kein Ende. Links: Erasmus
 sitzt im Kessel mit siedendem Öl, zwei Schergen
 übergießen ihn noch damit, ein dritter facht unten
 das Feuer an. Rechts: Mit langen Eisenzangen streifen
 die Folterknechte dem Heiligen ein glühendes Ketten-
 hemd über. Auch diese Quälereien werden amtlich
 überwacht.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_05.jpg"  Links: Erasmus wird das Augenlicht genommen. Doch
 damit nicht genug: Mit einem Hammer werden ihm
 auch noch die Zähne ausgeschlagen (rechts). Die
 Prozedur wird amtlich überwacht.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_06.jpg"  Erasmus wird gefangen, nackt an eine Geißelsäule
 gebunden und von zwei Schergen geschlagen (links).
 Rechts: Gefesselt wird der Heilige der Staatsgewalt
 vorgeführt. Diese ist mit den Insignien der Macht -
 Richterstab (oder Szepter) und Schwert - ausgestattet.
Bild "Stendal_Dom_Erasmus_07.jpg"  Erasmus, Bischof von Antiochia, war vor den Verfol-
 gungen geflohen und lebte sieben Jahre verborgen in
 einer Einöde.  Links: Ein Rabe brachte ihm täglich Nah-
 rung, bis ein Engel verkündete, dass er zurückkehren solle.
 Rechts: Erasmus kehrte zurück und predigt dem begierig
 lauschenden Volk. Doch die Verfolgungen sind nicht vorbei.

Es mutet für Heutige irgendwie makaber an, dass Erasmus, der zu den 14 Nothelfern gehörte, bei Geburtsschmerz und auch bei Darmkoliken helfen sollte. Eher ist zu verstehen, dass er aufgrund seiner Seefahrt bei den Seeleuten beliebt war. Die Seefahrer benannten die für sie unerklärlichen Leuchterscheinung an den Mastspitzen nach ihm und nannten diese St. Elmsfeuer. Heute wissen wir, dass es sich dabei um elektrische Entladungen (z. B. während eines Gewitters) handelt.
Wir bleiben aber im Mittelalter und schauen uns - wenn Sie möchten - auf der nächsten Seite die jetzt noch verbliebenen Glasfenster im südlichen Seitenschiff des Stendaler Domes an.

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zum Teil-5 der Glasfenster im Stendaler Dom